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Das Windpferd

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Das Windpferd wurde im Schamanismus Zentralasiens als Sinnbild der menschlichen Seele gesehen. Der tibetische Buddhismus verwendet das Windpferd heute noch als eines der häufigsten Symbole auf den tibetischen Gebetsfahnen. Und in der Heraldik (Lehre von den Wappen) hat das Windpferd einen festen Platz als ein seltenes Wappentier, beispielsweise im Wappen der Mongolei. In europäischen Wappen kommt es nicht vor. Hier stößt man eher auf den Pegasus/Pegasos als sogenanntes „Flügelpferd“.


Woher stammt das Windpferd?

Es wird angenommen, dass die Ursprünge des Windpferdes zum einen bei den Schamanen der Mongolen und Turkvölker aus Zentralasien liegen, deren Wurzeln aus dem noch älteren altaischen Schamanismus erwachsen sind. Die alten Religionen der Mongolen und Türken werden unter dem Sammelbegriff Tengrismus zusammengefasst – abgeleitet vom Himmelsgott Tengri. Der Glaube baut sich rund um den Gott Tengri auf und beinhaltet neben dem klassischen Schamanismus den Animismus, die Ahnenverehrung und eine spezielle Form des Totemismus.

Zum anderen finden sich die Spuren des Windpferdes in Tibet im sogenannten Bön-Glauben bzw. der Bön-Religion. Hierbei handelte es sich um die ehemals anerkannte Staatsreligion der Tibeter bis zur Etablierung des Buddhismus im 8. Jahrhundert. Viele Tibeter und Lamas praktizieren den Bön noch heute – teilweise unabhängig vom oder neben dem Buddhismus. Denn trotz Verfolgung der Bönpas (Bön-Praktizierenden) blieb die Bön-Tadition erhalten und konnte sogar durch einige Anpassungen ihrer Praktiken weiter wachsen. Der Begriff Bön stammt vom tibetischen Bon ab – die Übersetzung lautet Wahrheit, Wirklichkeit oder wahre Lehre.

Chiimori

In der mongolisch-türkischen Legende erscheint das Windpferd = Chiimori als ein Fohlen mit 8 Beinen, Flügeln und der Fähigkeit zu fliegen. Der Legende nach war das Windpferd das geistige Kind der Schamanin Chichek, welches ihr dabei helfen sollte, dem bösen Kahn zu entfliehen. Und tatsächlich – nach seinem Tod erscheint das Windpferd der Schamanin in ihrer Trance und trägt sie davon.
Chiimori steht noch heute für die innere Kraft eines Menschen, welche ihn dabei unterstützt, das Gleichgewicht zwischen Himmel und Erde aufrechtzuerhalten. Gute Taten stärken diese Kraft und böse Taten schwächen sie.

Lungta

Der tibetische Buddhismus hat das Windpferd – Lungta (rlung-rta) – aus dem Bön übernommen. Hier wird es ohne Flügel und mit den drei Juwelen (Schätze, Kostbarkeiten) des Chakravartin dargestellt :

  • Buddha
  • Dharma (Gesetz, Religion)
  • Sangha (Menge, Gemeinschaft)
    Lungta - das Windpferd

Chakravartin (zusammengesetzt den Sanskrit Worten: cakra = Rad und vartin = jemand, der dreht) bezieht sich in der indischen Religion auf einen idealen Herrscher, der entsprechend dem Dharma gütig über die Welt herrscht.
In den Schriften des buddhistischen Pali-Kanons wird Chakravartin häufig mit Buddha gleichgesetzt, der in seiner ersten Lehrrede im Wildpark bei Isipatana das Rad der Lehre in Bewegung setzt.
Seinen Platz findet das Windpferd üblicherweise im Zentrum der tibetischen Gebetsfahnen, denen es seinen Namen „Lung-Ta“ verliehen hat. Auf ihnen wird es in Begleitung von Drache, Tiger, Schneelöwe und Garuda (Reittier des Vishnus, zur Hälfte Mensch und zur Hälfte Adler) abgebildet – den tierischen Repräsentanten der 4 Himmelsrichtungen im tibetischen Buddhismus, die wiederum aus der chinesischen Mythologie stammen.

Welche Bedeutung hat das Windpferd im Buddhismus?

Viele Menschen kennen die tibetischen Gebetsfahnen – auch buddhistische Wimpel genannt – denen man oft im Freien an Schnüren aufgehängt, im Wind flatternd überall in Tibet, Nepal, Ladakh und Bhutan an Häusern, Klöstern, an Bergpässen und auf Gipfeln begegnet. Dank ihnen werden die Gebete vom Wind in den Himmel getragen.
Das Windpferd Lungta wird gerne als Symbol für Wohlstand und Glück sowie als mystisches tibetisches Fabelwesen aus der vorbuddhistischen Zeit verstanden, welches die Kraft des Pferdes und die Geschwindigkeit und Leichtigkeit des Windes vereint, um die Gebete von der Erde zu den Göttern zu tragen.
Dennoch gibt es auch noch eine andere Etymologie des Begriffes Windpferd = Lungta.

Lung-ta ist zusammengesetzt aus zwei Begriffen:

  • Lung: steht für Lunge und repräsentiert das Element Raum in der fünffachen Klassifizierung.
    • Erde, Wasser, Luft, Feuer und Raum

    Der Raum symbolisiert die Allgegenwart oder die universelle Grundlage allen Lebens.

  • Ta: bedeutet Pferd. In Tibet steht das Pferd als Symbol für schnelles Reisen – von einem Ort (Zustand) zum anderen. Das könnte als Umwandlung vom Schlechte zum Besseren, vom Bösen zum Guten, von Unglück zu Glück – am besten mit größter Geschwindigkeit – gesehen werden.

In diesem Zusammenhang steht das Windpferd als eine aus sich selbst heraus existierende Energie – als treibende Kraft der Seele oder des Geistes – die man wachrufen und „reiten“ kann, wie ein Pferd.
Ähnlich wie Chiimori wird Lungta auch im Buddhismus mit der inneren Kraft eines Menschen – seiner positiven Energie – in Verbindung gebracht und als Bezwinger des Bösen sowie als Stärke, die zur Erleuchtung führt, betrachtet.
In astrologischen Texten taucht Lungta als „Weltraumpferd“ Longta auf, was die Verbindung zum Element Raum unterstreicht. In diesem Kontext werden auch die Tiere der vier Himmelsrichtungen gerne als Vertreter der 4 Elemente gesehen:

  • Tiger = Wind
  • Schneelöwe = Erde
  • Garuda = Feuer
  • Drache = Wasser

Die Farben auf den tibetischen Gebetsfahnen stehen ebenfalls im Bezug zu den 4 Elementen:

  • Blau = der Raum
  • Weiß = Luft
  • Rot = Feuer
  • Grün = Wasser
  • Gelb = Erde

Neben dem Windpferd findet man auf den bunten tibetischen Girlanden zunehmend Mantras und Mandalas wie zum Beispiel das häufig rezitierte Mantra „Om mani padme hum“ oder das Mandala der 5 Buddhas.

Windpferd Zeremonie

Eine Windpferd Zeremonie wird traditionell mit einem Rauchopfer für die Götter – dem Lhasang-Ritus – am Morgen oder bei zunehmendem Mond durchgeführt, indem Wachholderzweige verbrannt werden.

Bezeichnet wird der Ritus häufig als „Risang Lungta“, was übersetzt so viel bedeutet wie „Angebot der Begasung ( oder Werfen im Wind bzw. Streuen) von Rlung Ta hoch in den Bergen”.

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